Im Juni 2024 berichtete fricktal.info über Therese Lanter, die sich mit ihren grossen Kork- und Kaffekapselbildern aus einer Krise rettete. Aus der Hobbybastlerin wurde eine Künstlerin. Nun durfte sie auf der Swiss Art Expo in Zürich live zeigen, was sie kann.
ANDREA WORTHMANN
Das Pixelbild am Garagentor von Therese Lanter ist ein anderes als vor einem Jahr. Wo vorher ein Postauto aus Kaffeekapseln zu bewundern war, sieht man heute den Globi auf dem DXP Posttöfli. Auch wiederum aus farbigen Kaffeekapseln gefertigt. «Ich wollte den Kindern eine Freude machen, die hier täglich auf ihrem Schulweg vorbeigehen», sagt die 56-jährige Obermumpferin.
Es ist viel passiert, seit der Zeitungsartikel vor mehr als einem Jahr erschienen war. Lanter bekam von verschiedensten Personen unheimlich viele Korken und über 60 000 Kaffeekapseln geschenkt. Die Lehrerin einer Privatschule in Basel wurde auf sie aufmerksam, und Lanter durfte in der Schule von sich erzählen und mit den Kindern ein Kapselbild machen.
Viele Menschen motivierten die Künstlerin
Immer mehr Personen motivierten sie, mit ihren Bildern auf Ausstellungen zu gehen. «Die Leute sagten mir, dass das, was ich mache, nicht nur Therapie ist, sondern dass ich mit meinem Schaffen an die Öffentlichkeit gehen muss», so Lanter. Therapie deshalb, weil sie vor vielen Jahren einen Fahrradunfall hatte, unter dessen Folgen sie noch heute leidet. Damals half ihr das kreative Schaffen, damit fertig zu werden und Ablenkung zu finden. Aus dem «therapeutischen Hobby» wurde ernsthafte Kunst, die viele Menschen begeistert.
«Ende 2024 wurde dann mein neuestes Korkbild fertig», erzählt die Künstlerin. «Im März durfte ich es an der Aargauer Weinmesse ausstellen. Es ergaben sich wertvolle Kontakte. Von einem Winzer, bekam ich 25 000 gebrauchte Korken, und ein anderer lud mich ein, auf seinem Hof meine Bilder auszustellen.»
Bewerbung für gesponserten Ausstellungsplatz
Danach fasste sie all ihren Mut zusammen und bewarb sich mit ihren vier Korkbildern und dem Postauto aus Kaffeekapseln für einen gesponserten Ausstellungsplatz auf der Swiss Art Expo in der Züricher Bahnhofshalle. Sie wurde als Live-Künstlerin genommen, und für Therese Lanter wurde ein Traum wahr. Normalerweise kostet eine Ausstellungswand bei der Swiss Art Expo 1650 Franken. Für Lanter nicht bezahlbar. Umso glücklicher war sie, als es auf diesem Weg klappte.
Vom 20. bis zum 24. August ging sie also nach Zürich, um dort live ein grosses Bild aus Kaffeekapseln, ein sogenanntes Pixelbild, zu gestalten und Kapsel für Kapsel zu pixeln. Es zeigt einen Tiger. Auch das neue Korkbild durfte sie dort ausstellen. Es stellt die deutsche Sängerin Anny Ogrezeanu dar, die 2022 «The Voice of Germany» gewann. Bei einer Benefizveranstaltung für das 2021 von einer Flutkatastrophe betroffene Ahrtal in Deutschland lernte sie Ogrezeanu kennen. Aus Lanters Einsatz für das Ahrtal entstand 2021 ihr erstes grosses Korkbild.
Unfall vor der Ausstellung
Kurz vor der Ausstellung in Zürich brach sich Therese Lanter den Fuss, so dass sie während der Präsentation einen Gips tragen musste. Ihr Mann Ivo Lanter, seit Kurzem im Ruhestand, kam mit nach Zürich und unterstützte seine Frau beim Aufbau und Live-Pixeln, was auch die vier Tage in Anspruch genommen hatte.
Glücklicherweise hatte Lanter bereits Vorarbeit geleistet für den Fall, dass es ihr nicht gut gehen könnte: «Ich habe jeder Kapselfarbe einen Buchstaben gegeben und jede Kapsel durchnummeriert. Die habe ich dann Reihe für Reihe in Kartonrohre verpackt. So sollte mein Mann im Notfall auch für mich pixeln können.» Was er dann auch für die letzten anderthalb Tage tun musste, denn Therese Lanter selbst konnte wegen ihres Fusses nicht auf die Leiter steigen, um den oberen Bereich des Bildes zu vervollständigen.
Eine weitere Herausforderung stellte der Rahmen für das Bild dar. Ivo Lanter musste dafür in Kleinstarbeit die Innenseiten der Rahmen aussägen, damit die Kapseln an der richtigen Stelle sitzen konnten.
Beseelt von dem Erlebten
«Es war gewaltig», schwärmt die Obermumpferin über ihr Erlebnis in Zürich. «Ich glaube tatsächlich – und das sagten auch andere Menschen – dass meine beiden Bilder die meistfotografierten Kunstwerke dort waren.» Was ihre körperliche Verfassung anging, war sie sogar fast froh, einen lädierten Fuss gehabt zu haben, so durfte sie oft sitzen. Die aus der früheren Kopfverletzung resultierende Müdigkeit oder auch der Schwindel und allgemeine Erschöpfung seien für Aussenstehende nicht sichtbar, erklärt Lanter, ein kaputter Fuss schon. So konnte sie ausreichend oft sitzen und das Geschehen geniessen. Therese Lanter wirkt beseelt von den Eindrücken, von der Wertschätzung anderer und von ihrem Erfolg. Sie hat nun auch bereits die ersten Auftragsarbeiten für Pixelbilder entgegengenommen.
Und wie geht es weiter? Verrückte Ideen hat Therese Lanter immer wieder. Nun möchte sie den Globi nach Obermumpf holen, aber ohne Sponsoring wird das nicht ganz einfach. Eine Einladung hat er bereits bekommen. fricktal.info bleibt dran.