(pd) Der Regierungsrat unterbreitet dem Grossen Rat im Rahmen der Totalrevision des Schulgesetzes sowohl das neue Volksschulgesetz als auch das neue Mittelschulgesetz zur zweiten Beratung. In der ersten Beratung fanden beide Vorlagen grosse Zustimmung. Aufgrund von Prüfungsaufträgen wurden neu Regelungen zur Sprachstandserhebung und zur frühen Sprachförderung sowie zu Interventionsmöglichkeiten des Kantons bei Qualitätsdefiziten an Aargauer Volksschulen ergänzt.
Der Regierungsrat beabsichtigt, das Schulgesetz im Rahmen einer Totalrevision neu zu ordnen, sprachlich zu aktualisieren und auf der Basis der vergangenen Teilrevisionen zu konsolidieren. Zudem will er das bisherige Schulgesetz durch je ein eigenes Volksschulgesetz und ein Mittelschulgesetz ablösen. Der Grosse Rat behandelte die regierungsrätliche Vorlage an seinen beiden Sitzungen vom 22. Oktober 2024 und vom 5. November 2024 in erster Lesung. Er stimmte dem neuen Volksschulgesetz (VSG) mit 125 Stimmen zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung und dem neue Mittelschulgesetz (MSG) mit 125 zu 0 Stimmen ohne Enthaltung zu. Zum Entwurf VSG beschloss er 29 Änderungen und überwies 13 Prüfungsaufträge. Zum Entwurf MSG beschloss er 12 Änderungen und überwies einen Prüfungsauftrag. Die Klärung der Prüfungsaufträge führte in zwei Bereichen zu grösseren in weiteren zu kleineren Anpassungen am Gesetzestext.
Sprachstandserhebung und frühe Sprachförderung verankert
Die erste grössere Änderung betrifft die Sprachstandserhebung und die frühe Sprachförderung in Deutsch vor der Einschulung: Ziel ist die Einführung einer frühen Sprachförderung für alle Kinder mit Sprachförderbedarf ein Jahr vor dem Kindergarten sowie eine vorangehende obligatorische Sprachstandserhebung. Der Grosse Rat beantragte zu prüfen, wie eine Rechtsgrundlage dafür im Volksschulgesetz oder mit Fremdänderung im Kinderbetreuungsgesetz verankert werden kann. Aufgrund der Diskussion im Grossen Rat zur ersten Botschaft hält es der Regierungsrat für richtig, eine Grundlage im VSG zu schaffen, die es dem Kanton ermöglicht, Sprachstandserhebungen bei den betroffenen Familien in allen Gemeinden verbindlich anzuordnen, Angebote der frühen Sprachförderung auf freiwilliger Basis aufzubauen sowie mit einer kantonalen Mitfinanzierung entsprechende Anreize zu schaffen. Die in der ersten Beratung beschlossene Fassung des VSG wurde deshalb mit zusätzlichen Normierungen ergänzt (§§ 39a, 67a, 97a und 120 Abs. 1 VSG betreffend Sprachstandserhebung sowie §§ 11a und 97b VSG betreffend frühe Sprachförderung).
Interventionsmöglichkeiten für den Kanton zur Sicherung der Schulqualität
Ein zweiter Prüfungsauftrag aus der ersten Beratung im Grossen Rat betraf die Qualitätssicherung: Der Regierungsrat soll aufzeigen, wie die rechtlichen Grundlagen zur griffigen Intervention durch den Kanton bei Verstössen gegen gesetzliche Vorgaben und bei substanziellen Qualitätsdefiziten an Aargauer Volksschulen im Schulgesetz verankert werden können. Ebenso soll er konkrete Massnahmen und Möglichkeiten zur Invention darlegen. Tatsächlich hat sich die Situation bei den Aufsichtsmassnahmen seit der letzten Teilrevision des Schulgesetzes verändert, ging doch mit den neuen Führungsstrukturen im Volksschulbereich ein Übergang der Kompetenzen von den Schulpflegen zu den Gemeinderäten einher. Sie sind seither anstelle der Schulpflegen für die strategische Führung und die Qualität ihrer Schulen verantwortlich. Aus diesem Grund schlägt der Regierungsrat eine zusätzliche Regelung im VSG vor, die sich stark an die Regelung des Gemeindegesetzes anlehnt: Demnach könnte der Regierungsrat die Schulführung an eine externe Sachverwaltung übertragen, falls sich Schulträger weigern, den Anordnungen der kantonalen Schulaufsicht in wichtigen schulischen Angelegenheiten Folge zu leisten. Diese Massnahme käme namentlich bei massiven Mängeln in der Schul- und Unterrichtsorganisation oder bei der Personalführung zum Tragen. Eine entsprechende Normierung wurde ergänzt (§ 92a Abs.1–3 VSG).
Inkraftsetzung auf den 1. August 2026 geplant
Weitere kleinere Anpassungen sind in der Botschaft an den Grossen Rat erläutert und in einer Synopse dargestellt. Die neuen Gesetze VSG und MSG sollen auf den 1. August 2026 in Kraft treten. Die Verabschiedung der beiden neuen Gesetzen bedingt eine Überarbeitung praktisch aller Verordnungen in den betroffenen Bereichen Volksschule und Mittelschulen. Bei dieser Gelegenheit sollen mehrere bestehende Verordnungen miteinander verschmolzen werden.